Auf Capital.de gibt es ein sehr schönes Interview mit den beiden Immobilien Experten Tobias Just und Reiner Braun (den Link finden Sie am Ende des Artikels).
Die beiden Herren diskutieren dabei die aktuelle Situation am Wohnimmobilienmarkt, ob wir eine Immobilienblase haben oder nicht und daraus resultierende potenzielle Preiskorrekturen.
Das diese Frage viele Immobilien Käufer und auch Besitzer interessiert liegt auf der Hand. Herr Just fasste das an einer Stelle auch sehr schön wie folgt zusammen:
„Ich finde es normal, dass die Leute beim Immobilienkauf emotional werden – schließlich geht es bei vielen um die größte, folgenschwerste Ausgabe ihres Lebens.“
Die beiden Herren haben in dem Interview meines Erachtens nach, folgende zwei sehr wichtige Punkte erwähnt. Und zwar gibt es zwei Arten von Immobilienkäufern und Besitzern, die unterschiedlich von Preisveränderungen betroffen sind.
Schauen wir uns das mal an…
1. Der Eigennutzer
Wer eine Wohnung oder ein Haus kauft, um darin zu wohnen gilt als Selbst- oder Eigennutzer. Ihm kann es theoretisch egal sein, wie hoch die Mieten sind und was die Immobilie wert ist.
Solange er die Wohnung selbst bewohnen möchte, kann er die Zeitungsartikel und Untergangspropheten ausblenden. Sein Haus bleibt sein Haus, solange er die Raten an seine Bank zahlt und nicht umzieht.
Natürlich ist es ein gutes Gefühl, wenn der Wert der eigenen Immobilie steigt. Auch der Eigennutzer wird sich darüber freuen. Wertschwankungen (die es bei Wohnimmobilien durchaus gibt), werden ihn aber vermutlich nicht zum Umziehen bewegen.
2. Der Kapitalanleger
Etwas anders gelagert ist es bei Kapitalanlegern (in der Regel gleich Vermieter). Diese sind auf die Einnahmen am Mietmarkt angewiesen und rückläufige Mieten oder sogar Leerstände können (massive) Probleme verursachen.
Der Wert der Immobilien wird unter anderem von der Rendite Anforderung der Anleger und den Einnahmepotenzial, dass dem Haus oder der Wohnung zugestanden wird, beeinflusst.
Wenn für den Kapitalanleger also Neuvermietungen anstehen und anstatt 800 Euro nur noch 700 Euro Miete pro Monat hereinkommen, hat er die Differenz zu kompensieren.
Wenn die Miete noch stärker zurückgeht oder sogar komplett ausfällt, wird die Lücke immer größer. Je nachdem wie komfortabel die Ersparnisse und wie eng die Kalkulation gestrickt ist, kann es sportlich werden.
Beide Experten waren sich einig, dass ein steigender Zins eine wichtige Rolle bei der zukünftigen Preisentwicklung spielen wird.
Das Zinsniveau – die magische Unbekannte
Das Zinsniveau ist aus mehrerlei Hinsicht eine wichtige Variable. Die derzeitigen niedrigen Zinsen, erleichtern vielerorts die Finanzierung. Mehr Leute können sich also eine Immobile kaufen. Der Immobilienpreis sollte also steigen.
Bei den Kapitalanlegern wird es bereits ein wenig „tricky“. Gehen wir mal davon aus, dass der Finanzinvestor seine Renditeanforderung an dem Zinsniveau anlehnt. Bisher ist das Zinsniveau in den letzten Jahren bis Ende 2017 in der Tendenz rückläufig.
Aus der Investorenbrille bedeutet das:
- Die Finanzierung wird billiger >> Bei gleicher Rendite kann er mehr für die Immobilie bezahlen
- Oft geht mit sinkendem Zinsniveau auch der Renditeanspruch herunter >> wer weniger Rendite akzeptiert, kann höhere Kaufpreise bieten…
Was passiert also für Kapitalanleger, wenn Zins und Renditeanforderung steigen…? Die beiden zuvor genannten Bedingungen drehen sich um…
Wenn dann die Finanzierung teurer wird und auch die Renditeanforderungen steigen, wirkt sich das auf die Preisbildung aus…
Oh… Oh…
Es bleibt festzhalten: Immobilien sind eine Risikoreiche Investition, insbesondere als Kapitalanleger gibt es hier viele Dinge zu beachten.
Dinge wie: Wo ist die Immobilie, hat meine Kalkulation genug Puffer, gibt es Reserven für Umbauten, Reparaturen oder Leerstand etc.?
Also was jetzt?
Die Immobilien Märkte sind in der Tat schon sehr lange gut gelaufen und haben mittlerweile ein hohes Niveau erreicht.
Wer Immobilien wegen der Wertsteigerung als Anlage kaufen will, sollte Vorsicht walten lassen. Aber das gilt ja für jeden Markt 🙂
Auch stehen sich wie immer Chancen und Risiken gegenüber. Fragen wie…
- Ziehen die Leute in die Stadt oder auf das Land?
- Wie lange hält der Flüchtlingsstrom an und unterstützt die (Miet-) Nachfrage?
- Wird der Markt jetzt überbaut und haben wir bald einen Überhang an Wohnflächen?
- Was macht der Zins?
- Kommt die Inflation noch?
- …und so weiter und so fort!
In der Tat eine sehr komplexe Angelegenheit. Je nachdem was man erwartet, lässt sich einiges plausibel begründen. Ein bisschen Zinserhöhung kann ich mit der Inflation schnell wieder relativieren.
Eine Überbauung kann passieren. Der Zuzug von Flüchtlingen aus ländlichen Regionen oder aus dem Ausland kann die Nachfrage erhöhen. Rentner und Familien können in die Stadt gehen wollen (urbanes Leben / nah beim Job wohnen) oder raus (weil zu teuer).
Das Spektrum für Prognosen ist weit und von diversen (komplexen) Themen abhängig.
Mein Fazit
Wie die beiden Experten ebenfalls in dem Interview ausführten, hatte 2008 keiner mit dem heutigen Markt gerechnet. Oft kommt es anders als man glaubt.
Dazu fällt mir ein Zitat ein:
„Die Märkte können länger irrational bleiben als man selber liquide“
Gemäß dem Blog „Der Dividendeninvestor“ von John Maynard Keynes (dem Link folgend gibt es weitere gute Zitate 😉 ).
Im Ergebnis bedeutet es, dass Trends oft länger andauern als man denkt. Es sind meist die Dinge die keiner vorhergesehen hat, die den größten Einfluss haben.
Lesen Sie dazu unbedingt das Buch von Nassim Taleb „Der schwarze Schwan“. Ein grandioses Buch!
Die Welt ist (leider) sehr komplex. Auch wenn wir es uns oft einfach machen (wollen).
Bereiten Sie sich also auf alles vor.
Es kann mit den Preisen weiter raufgehen!
Die Blasenbildung kann ausbleiben oder korrigiert sich über einen Zeitraum ohne Preiseinbrüche!
Oder…
Wir erleben eine Kernschmelze wie 2008 die USA – mit seehr viel Leerstand… Und seehr viel Schmerzen…!
Ach ja – das war am Anfang ja auch nur eine kleine lokale „subprime“ Krise (Achtung Ironie)
Menschen haben es mit Prognosen nicht drauf. Denken Sie an die Affen mit den Dartpfeilen, die gegen die Börsenprofis ran durften. Wer hat gewonnen (Link für Lösung klicken)?
Also noch einmal, bereiten Sie sich am besten auf alles vor. Dazu kann es auch gehören eine Immobilie zu besitzen!
Und… Herr Just hat es erneut super auf den Punkt gebracht:
„Bloß nicht auf Kante finanzieren!“
Beachten Sie die „14 Punkte die jeder bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital bedenken sollte“. Viele Punkte treffen auch für Finanzierungen mit Eigenkapital zu. Die Liste gibt es hier!
Wer weiß wofür Sie noch wie viel Geld brauchen…?
Was denken Sie? Bitte ab damit in die Kommentare!
PS: Den CAPITAL Artikel „Immobilienmarkt: Wir haben eine Blase! Welche Blase?“ finden Sie hier.